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Nun ja, wenn ich so über meinen Tisch hinweg in den Garten sehe, dann ist mir gerade so gar nicht weihnachtlich zumute.
Wir haben immer noch 26 Grad, meine Nachbarn sprengen den Rasen, der Duft von Grillfleisch zieht zu mir herüber, und ich blinzle in die Sonne, die nur langsam hinter den Bäumen verschwinden will.
Erich Kästner, einer meiner Lieblingsautoren, hatte wohl vor rund 90 Jahren ein ähnliches Problem als er in sommerlicher Hitze über der Schneeballschlacht zwischen ex- und internen Gymnasiasten brütete. Und nur der Blick auf die verschneite Zugspitze half damals, die vorweihnachtliche Stimmung für Das fliegende Klassenzimmer heraufzubeschwören.
Mich blinzelt verträumt mein Kater aus dem Blumenbeet an, und der Hund bohrt voller Vergnügen seine Nase in das warme Gras.
Vielleicht sollte ich einen Rotwein öffnen?
Doch der lässt in dieser Zeit wohl eher an Sommer, Sonne und Italiendenken als an Gänsebraten und Rotkohl.
Der Cursor auf dem Bildschirm blinkt fordernd, wartet darauf, die ersten Worte einer Weihnachtsgeschichte sichtbar zu machen.
Ich sehe in den sich langsam rötenden Abendhimmel.
„Jetzt backen die Engel Plätzchen“, hatte meine Oma in der Adventszeit immer gesagt.
Ichschließe die Augen, und plötzlich sind sie da:
Kleine Engel in wehenden Hemdchen laufen eifrig hin und her, tragen Fässer mit guter Butter, schlagen Berge von Eiern auf und kneten den Teig. Einer hat wohl die Nase zu tief in den Mehlsack gesteckt …
Während ich nun eifrig tippe, wird es dunkel. In den Beeten leuchten die Solarlampen, und endlich kann ich auch den Weihnachtsbaum mit allseinen Kerzen sehen.
Manchmal weihnachtet es also doch auch im Sommer. Zumindest in meinem Garten ...
04. Juli 2016
Autor: Alke Rudat
Es ist nach Wochen des Dauerregens der erste Tag, an dem der Himmel wie blank geputzt aussieht und sogar einige Sonnenstrahlen auf das heimische Gras geworfen werden. Die Mücken starten zaghafte Angriffe auf das menschliche Fleisch, und die Mäher grasen unter lautem Gebrumme die Rasenflächen der Nachbarschaft ab.
Wer jetzt aber glaubt, auch mein Mann würde voller Begeisterung in die Garage stürmen und an Gartentechnik hervor holen, was der Raum hergibt, der irrt.
Nicht Spaten oder Heckenschere locken ihn, sondern das Feuer.
Vor Monaten schon, als es noch günstig war, hatte er die Kühltheke des Supermarktes aller Würstchen, Nackensteaks und Bauchfleisch beraubt und sie in unserer Tiefkühltruhe für sonnige Tage vergraben.
Einer dieser Tage schien heute zu sein!
Den Rasenmäher missachtend zerrte er den dreibeinigen Rundgrill hinter Fahrrädern und Schlauchboot hervor und platzierte ihn nahe der Terrasse auf dem Rasen.
Nun hieß es, Kohle geschickt anzuhäufeln, Grillanzünder strategisch günstig zu positionieren.
„Hör mal, der Rost ist ja noch gar nicht sauber!“
Die dankenswerte Aufgabe, Schmutz und Staub des vergangenen Winters mittels Stahlschwamm und Akribie verschwinden zu lassen, kam natürlich mir zu.
„Weißt du, wo das Verlängerungskabel ist?“
Wusste ich natürlich nicht, aber unser Sohn hatte eine leise Ahnung und stürmte los, um alsbald mit dem gewünschten Kabel wieder aufzutauchen.
So konnte, in Ermangelung eines Blasebalgs, der Föhn ins Feuer pusten, bis lustig die Funken stoben.
Noch während ich die Marinade für das Fleisch anrührte, schob ein sachter Windhauch die erste Wolke über unseren Garten.
Bald stand die Kohle in hellen Flammen, und das war auch gut so, denn um uns herum wurde es zunehmend dunkler. Auch der Wind wurde energischer, zerrte an den Blättern der umstehenden Bäume.
„Das zieht vorbei“, war die optimistische Einschätzung meines Mannes, während unsere Jüngste besorgt ihr Kuscheltier an sich drückte.
„Gib doch mal ein paar Würstchen, dann können die Kinder schon essen.“
Der flatternden Vinyltischdecke zum Trotz stellte er fünf Teller auf den Tisch und verlangte die Salatschüssel als zusätzliches Gewicht. Und ehe der Wind die Decke lupfen konnte, verteilte ich mit physikalischem Verständnis noch Ketchup, Ayoli und Currysoße an entsprechenden Stellen.
Die Rasenmäher waren sämtlich verstummt, als mein Mann das marinierte Fleisch auf den Grill warf. Stattdessen hörte man in der Ferne ein leises Donnergrollen, und meine Jüngste verschmähte das Würstchen, zog lieber den Kopf ein.
„Hol doch mal den Sonnenschirm!“
War die Zuversicht meines geliebten Mannes wirklich derart grenzenlos?
Aber nein, ihn trieb die Sorge um das Feuer.
Gekonnt postierte er den Schirm neben dem Grill und richtete ihn gegen den Wind aus.
Voller Neid sah ich im Wohnzimmer der Nachbarn den Fernseher flimmern.
Meinen zaghaften Einwand, der blaue Himmel des Vormittags könnte uns getrogen haben, wischte mein Mann vom Tisch, indem er ein Steak auf den Teller warf und auf unser gemütliches Beisammensein hinwies.
Plötzlich ließ der Wind nach.
„Ich glaub, es fängt an zu regnen“, ließ unsere ältere Tochter verlauten und betrachtete verträumt die zarten Tropfen auf ihrer ausgestreckten Hand.
„Papperlapapp“, erwiderte der Herr des Feuers. „Aber wenn ihr so empfindlich seid, holt eben die Regenjacken.“
Gesagt, getan.
Eine Weile herrschte Schweigen, und man lauschte andächtig dem Trippeln der sanft fallenden Regentropfen auf Teller und Tisch.
Das Sahnedressing des Salats verwandelte sich allmählich zu einer kalorienärmeren Variante, und das Fleisch war saftiger denn je.
„Seht ihr, ist doch alles nur eine Sache der Einstellung“, wagte mein Mann schließlich zu behaupten, während ich versuchte, die mitleidigen Blicke der Nachbarn aus ihren Fenstern zu übersehen.
Und dann passierte es: ein Blitz setzte unsere Tafel in grelles Licht, der folgende Donner ließ das Geschirr erzittern. Unsere Kinder flohen unter lautem Geschrei ins Haus, eine Windboe warf den Schirm um, der zusammen mit dem Fleisch in Flammen aufging.
Und noch ehe einer von uns das Feuer löschen konnte, setzte der Platzregen ein.
An diesem Punkt solidarisierte ich mich mit unserem Nachwuchs und verließ den Garten…
Das Gewitter ist vorüber, ein neuer Tag ist da: strahlend blauer Himmel, keine Wolke weit und breit.
Während wir Erkältungstee trinken und die Nase schneuzen, betrachten wir voller Trübsinn den verkohlten Rasen.
„Schade um das schöne Fleisch“, schnieft mein Mann.
Doch als der herzhafte Duft gegrillter Würstchen aus dem Nachbargarten zu uns herüber zieht, fasst er einen Entschluss:
„Weißt du was, Schatz? Morgen kauf ich uns 'nen Pavillion und mauer einen festen Grill!“
In der Ferne höre ich den Donner grollen...